Hear that? Digitale Audioformate im Kunst- und Kulturbereich
Über Kunst wird auf unterschiedliche Weise gesprochen: in einer Live-Führung, in einem Audioguide, in Diskussionen, Vorträgen und Podcasts – und selbstverständlich auch im privaten Gespräch. Diese Woche werden wir uns zwei Audioformate mit Fokus auf digitale Angebote genauer anschauen: Audioguides und Podcasts.
BYOD und digitale Audioguides
Der Audioguide wird wohl den meisten als Erstes einfallen, wenn es um Audioformate im Kunst- und Kulturbereich geht: man betritt ein Museum und bekommt ein Gerät mit Kopfhörern zur Verfügung gestellt, mit dem man sich Erläuterungen und Hintergrundinformationen anhören kann. Besonders seit Beginn der Corona-Pandemie wirkt die Verwendung dieser Audioguide-Geräte etwas veraltet – sie müssen nicht nur gewartet, sondern mittlerweile auch regelmäßig ausgiebig desinfiziert werden. Eine zeitgemäße Alternative sind Audioguides, die auf dem Smartphone der BesucherInnen abrufbar sind, hier spricht man auch von BYOD, Bring Your Own Device. Sie können über eine App, eine progressive Webapp oder eine Website aufgerufen werden und bieten zusätzlich die Möglichkeit, mit visuellen Inhalten zu arbeiten, die das gesprochene Wort ergänzen oder in Kontext setzen.
Ein weiteres, äußerst wichtiges Argument für die Verwendung von Smartphones ist die Barrierefreiheit. Digitale Formate, die auf dem eigenen Handy funktionieren, können eine massive Erleichterung für Menschen mit Beeinträchtigungen bedeuten, da sie mit dem eigenen Gerät bereits vertraut sind. Für sehbehinderte Menschen kann auditive Hilfestellung bzw. Information einen Museumsbesuch erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen. In einer kleinen Umfrage von „VisualEye“ berichtet eine Mehrzahl der Befragten, dass digitale Audioangebote einen Vorteil bieten und sie von Online-Events profitieren.
Museumsapps und digitale Audioguides
Die Verwendung von Smartphones sowie Appdownloads steigt von Jahr zu Jahr – laut Statista haben sich die Appdownloads von 2016 bis 2020 um fast 50 % auf 218 Billionen gesteigert. Diese Entwicklung macht auch vor dem Kunst- und Kultursektor nicht Halt und die Pandemie hat dies noch beschleunigt: Immer mehr Museen und Ausstellungshäuser setzen auf digitale Angebote wie z. B. Apps. Über den digitalen Raum und wie Museen ihn nutzen können, haben wir in einem früheren Blogartikel bereits berichtet.
Ein beliebtes Format sind digitale Audioguides, die über Appdownloads oder Websites funktionieren. Manche Museen haben ihre hauseigene App, doch für viele Kulturorganisationen ist die Programmierung und Gestaltung einer eigenen App bzw. eines eigenen digitalen Audioguidesystems nicht sinnvoll – für sie eignen sich externe Anbieter. Wir von Cultural Places bieten verschiedene Möglichkeiten, von der Adaption bestehender Inhalte bis hin zur kompletten Produktion. So haben wir z. B. gemeinsam mit dem Stephansdom bereits zwei digitale Audioguides erstellt: einer behandelt den Hauptraum und ein anderer das Äußere des Domes und die Geschichte, die sich hier eingeschrieben hat. Auch andere Kulturorganisationen wie das Hotel Sacher Wien, die Secession oder das Museum Angerlehner gehören zu unseren Partnern.
Kulturvermittlung via Podcast
Der Hype um Podcasts hat vielleicht schon seinen Höhepunkt erreicht, aber sie erfreuen sich auf jeden Fall immer noch großer Beliebtheit. Der Kunst- und Kulturbereich kann von diesem Audioformat profitieren: Das Sprechen über Kunst, die Konzentration auf das gesprochene Wort und die Möglichkeit, sich Zeit nehmen zu können, um in die Tiefe zu gehen, kann zu tollen Ergebnissen führen. Voraussetzung hierfür ist ein passendes Konzept, das die Inhalte dem Publikum interessant vermittelt und einen Mehrwert bietet. Um es etwas zugespitzt auszudrücken: trockene Frontalvorträge von ExpertInnen werden wohl kaum jemanden hinterm Ofen hervorholen. Ein sehr interessantes Beispiel eines Podcasts, der es schafft, mit spannenden Themen zu begeistern, ist „Sidedoor“ vom Smithsonian Institute, der bereits im Oktober 2016 on air ging und ein breites Spektrum abdeckt.
Unser hauseigener Podcast „Culture Talks“ geht ein bisschen in eine andere Richtung. Einmal im Monat sprechen wir mit Gästen aus den Bereichen Kunst, Kultur und Tourismus über Innovationen im Kulturtourismus, wie Organisationen mit der Digitalisierung und ihren Auswirkungen auf die Kultur umgehen und über Herausforderungen und Lösungen. So sprach etwa der Direktor des Freud Museums, Peter Nömeier, darüber, wie es ist, während einer Pandemie ein Museum zu eröffnen. Andreas Bardeau vom Schloss Kornberg erzählte über seine Erfahrungen mit Crowdfunding und Elisabeth Gürtler ließ hinter die Kulissen von Institutionen wie das Hotel Sacher oder das Astoria Ressort blicken. In der bisher letzten Folge Ende Oktober diskutierte Axel Stockburger, Vorstandsmitglied der Secession, über digitale Formate wie TikTok, die Kraft des Auditiven und erklärte, wie ein 13-köpfiger Vorstand Entscheidungen trifft. Neben unserer eigenen Podcast-Reihe bieten wir auch Workshops für Kulturorganisation an, die ihren eigenen Podcast ins Leben rufen möchten, oder übernehmen die gesamte Konzeption und Ausführung der Podcasts in Absprache mit den Kulturorganisationen.
In die Zukunft lauschen – digitale Audioformate als Chance
Alex Stockburger von der Secession hat in unserem Podcast angemerkt, dass für ihn ein Übermaß an visueller Information seit Beginn der Corona-Krise entstanden ist (z. B. durch das Arbeiten mit Streaminganbietern wie Zoom) und sieht, dass „das Hören wieder in den Vordergrund getreten ist“.
Wie wird sich die Kunst- und Kulturvermittlung weiterentwickeln, welche (digitalen) Formate werden sich durchsetzen und welche werden an Bedeutung verlieren? Die Pandemie hat die Entwicklung und den Ausbau des Digitalen im Kunst- und Kulturbereich sichtlichvorangetrieben und in der Zukunft wird sich zeigen, was davon Bestand hat, was als zusätzliches Angebot bleiben wird, und was schnell wieder durch das „reale“ Erlebnis vor Ort ersetzt wird. Denn einerseits zeigt sich der Hunger nach dem physischen, direkten Kontakt, andererseits werden viele digitale, dezentrale Angebote nach wie vor gerne angenommen.